In einem mitreißenden Vortrag hat Dr. Markus Schelkle am vergangenen Donnerstag die Zuhörer im vollbesetzten Lichthof des Alten Klosters Bad Saulgau in die Grundzüge einer ganz besonderen Weltraummission eingeführt. Der Luft- und Raumfahrtingenieur, der 1983 am Störck-Gymnasium sein Abitur absolvierte, war auf Einladung des Fördervereins „Freunde des Störck-Gymnasiums“ aus Immenstaad am Bodensee angereist und von Moderator Markus Maichel kurz vorgestellt. BepiColombo, die Raumsonde, die 2018 im Auftrag der europäischen Weltraumbehörde zum Merkur aufbrach und 2026 in dessen Umlaufbahn kommen soll, wurde federführend von dem schwäbischen Tüftler mitentwickelt. Zunächst gab Markus Schelkle einen kleinen Überblick über seinen eigenen Werdegang. „Ich bin heute noch einigen Lehrern, insbesondere Rudolf Lehn, dankbar für die Zeit am Gymnasium“, so der Ingenieur und fügte schmunzelnd an: „Auch wenn ich statt des Physik- den Chemieleistungskurs besuchte“. Es folgten Studium und Promotion, dann eine beispielhafte Karriere unter anderem bei Airbus in Immenstaad. „Als wir den Auftrag bekamen, für die ESA in Kooperation mit der japanischen JAXA zum Merkur zu fliegen, sahen wir uns mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert", sagte Schelkle. Der Merkur ist mit einem Durchmesser von knapp unter 4880 Kilometern der kleinste aller Planeten unseres Sonnensystems. Mit einer durchschnittlichen Sonnenentfernung von etwa 58 Millionen Kilometern liegt er der Sonne am nächsten. Dies bringe vor allem „thermische Herausforderungen mit sich“. Aufgrund der Nähe zur Sonne habe man es „mit einer maximalen Tagestemperatur von rund +430 °C und einer Nachttemperatur bis −170 °C zu tun“ und damit mit den größten Oberflächen-Temperaturschwankungen aller Planeten. Außerdem seien die Sonnenwinde und die Gravitation der Sonne besonders stark in der Nähe des Merkur. Deshalb war es bei der Entwicklung der vierteiligen Raumsonde BepiColombo, die nach dem 1984 verstorbenen Italiener Giuseppe Colombo, der sich besonders intensiv der Erforschung des Merkur gewidmet hatte, benannt wurde, besonders wichtig, genügend Energie an Bord zu haben, um in der Nähe des Planeten entsprechend effektiv bremsen zu können. „Es war klar, dass dafür chemische Antriebe nicht ausreichen würden“, erklärte Markus Schelkle, „weshalb wir neben dem Xenon Antrieb zusätzlich auf einen solaren Ionenantrieb mit vier Triebwerken setzten, den wir eigens für diese Mission entwickelten“. Weil allerdings alle verfügbaren Solarzellen den hohen Temperaturanforderungen nicht gewachsen waren, achtete man auf eine besondere Steuerung, die den Winkel der Solarpanels zur Sonne in ihrer Nähe möglichst flach halten, damit sie weniger Wärme abbekommen. „Damit sinkt allerdings auch die Leistungsfähigkeit“, erklärte der Ingenieur. Um dennoch genügend Power zu haben, nutzte man auf der Hinfahrt die Gravitation der auf dem Weg passierten Planeten, beispielsweise der Venus, aus, um die Geschwindigkeit zu drosseln. Zwei Swing-by-Manöver an der Venus, das war „ein besonderer Trick, Energie zu sparen“. Ein erster Vorbeiflug am Merkur wurde am 1. Oktober 2021 erreicht. Dabei konnten schon erste Aufnahmen von seiner Oberfläche angefertigt werden. Weitere Aufnahmen sollen diese im Laufe der Mission in verschiedenen Spektralbereichen kartografieren. Daraus erhoffen sich die Wissenschaftler Hinweise auf die Geschichte des Planeten, aber auch auf seine chemische Zusammensetzung und nicht zuletzt sein Magnetfeld. Am Ende seines Vortrags ging Markus Schelkle noch auf sein aktuelles Projekt, die zweite Generation des Satellitensystems Galileo ein. „Wenn wir auf die geopolitische Lage schauen“, sagte er, „ist vollkommen klar, dass wir ein eigenes europäisches Navigationssystem brauchen“. Denn im Falle eines Falles könnten private Anbieter ihre Systeme, wie beispielsweise Starlink, „einfach abschalten“. Hier schwang die politische und strategische Dimension aktueller Weltraummissionen ganz deutlich mit. Nach einer ausgiebigen Fragerunde endete der Abend mit einem leckeren Stehimbiss, den Sechstklässler und ihre Eltern vorbereitet hatten.