Es war eine Schulstunde, die die Schüler der Klasse 11 und des Grundkurses Politik Jahrgangsstufe 2 am Störck-Gymnasium so schnell nicht vergessen werden. Martin Schulz, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Kanzlerkandidat der SPD, nahm sich am vergangenen Montag Zeit, mit den Schülern ins Gespräch zu kommen und war zu diesem Zweck per Video aus seinem Abgeordnetenbüro zugeschaltet. Die Idee zu dieser besonderen Unterrichtsstunde entstand bereits im März. „Um den Politikunterricht etwas lebendiger und anschaulicher zu gestalten, habe ich meinen beiden Kursen vorgeschlagen, Markus Feldenkirchens Buch ‚Die Schulz Story‘ gemeinsam zu lesen“, erklärt Johannes Koch. Die Idee sei bei Schülern sofort auf offene Ohren gestoßen. Schließlich beleuchtet es den Aufstieg und Fall des Martin Schulz vom Frühjahr bis Herbst 2017. „Während wir im Unterricht über die menschliche Seite der Politik diskutierten, entstand der Wunsch, unsere offenen Fragen direkt an Martin Schulz zu schreiben“, so Koch. Gut zwei Wochen nach dem Versenden der Briefe habe sich das Büro des Politikers gemeldet und man habe vereinbart, Schulz live in den Unterricht zu schalten. Für die Unterrichtssequenz hatten die Schüler Fragen vorbereitet. Die wohl dringlichste Frage war, wie ihn, Schulz, das knappe Jahr als Kanzlerkandidat verändert habe. „Letztlich ist es immer beides. Das Amt prägt dich und du prägst auch das Amt“, erklärte Schulz. „Ich denke, dass ich durch diese Zeit härter geworden bin“, er sei früher eher eine Art Softie gewesen, aber er erlebe sich heute in vielerlei Hinsicht als härter. „Du darfst nicht immer nur der Nette sein, sonst wirst du es in diesem Geschäft nicht weit bringen“, fuhr er fort. Ein Schüler fragte ihn daraufhin, ob in der Spitzenpolitik echte Freundschaften, wie zwischen ihm und Sigmar Gabriel, überhaupt möglich seien. „Ich glaube, dass unsere Freundschaft in den letzten Jahren sehr gelitten hat, ja, aber letztlich sei es wie in jeder engen Beziehung“, mal gehe es bergauf, mal gebe es Krisen, so der Politiker. Das gelte auch für die Beziehung zu den Medien. „Ich glaube, ich habe mitunter auch zu Unrecht Kritik abbekommen“, aber das gelte es auch auszuhalten, schließlich „sind die Medien, allgemein die freie Presse, einer der zentralen Stützpfeiler der liberalen Demokratie“. Als die Frage nach dem Rückzug der Demokratien und dem Aufstieg autokratischer Kräfte, auch in Europa, kam, wurde Schulz deutlich. „Demokratie braucht Demokraten“, zitierte er Friedrich Ebert, und die seien mehr denn je gefordert, sich bemerkbar zu machen, beispielsweise bei Viktor Orbans Gesetz gegen Geschlechtervielfalt. „Ich glaube, in den letzten Tagen haben Demokraten in ganz Europa gezeigt, wie wichtig ihnen eine bunte Gesellschaft ist“, so der Abgeordnete. Die Schüler zeigten sich von seiner direkten, ehrlichen Art begeistert. „Ich fand Schulz Aussagen sehr authentisch, sehr konkret“, sagte Mirnes aus der 11. Klasse, und seine Klassenkameradin Alexandra ergänzte: „Es hat mich überrascht, dass ein Gespräch über Politik so unterhaltsam sein kann“.